Wenn sich auf des Krieges Donnerwagen,
Menschen waffnen, auf der Zwietracht Ruf,
Menschen, die im Busen Herzen tragen,
Herzen, die der Gott der Liebe schuf:
Denk ich, können sie doch mir nichts rauben,
Nicht den Frieden, der sich selbst bewährt,
Nicht die Unschuld, nicht an Gott den Glauben,
Der dem Hasse, wie dem Schrecken, wehrt.
Nicht des Ahorns dunkelm Schatten wehren,
Daß er mich, im Weizenfeld, erquickt,
Und das Lied der Nachtigall nicht stören,
Die den stillen Busen mir entzückt.
»Der höhere Frieden« von Heinrich von Kleist (1792)
Samstag, 11. Oktober 2025
>»Der höhere Frieden« von Heinrich von Kleist
Samstag, 20. September 2025
Michael Kohlhaas Interpretationen
Heinrich von Kleists
Kohlhaas-Erzählung ist ein besonderes Beispiel dafür, wie eine Angelegenheit
von nur relativ geringer Bedeutung in einem Streit in juristische Fänge gerät,
die man weniger schmeichelhaft gelegentlich als juristische Maschinerie
bezeichnet. An deren Ende bekommt der Kläger in der Erzählung zwar Recht,
verliert aber just darauf und in des Wortes direkter Bedeutung seinen Kopf.
Daß es dabei zu Anfang um zwei
Pferde ging, für die in moderner Sprechweise die Einfuhrpapiere fehlten, weil
nicht bekannt war, daß man sie benötigte, gehört zur Groteske der Geschichte.
Deren Tragik entwickelt sich aus dem Umstand, daß besagte Papiere rechtens gar
nicht haben verlangt werden dürfen, aber dennoch dazu geführt haben, daß zwei
Pferde als Pfand hinterlassen werden mußten, die durch den Pfandnehmer in der
Folge nicht gerade zimperlich behandelt wurden. Am Ende forderte der Kläger,
Michael Kohlhaas, Schadensersatz für die unrechtmäßige Prozedur einschließlich
deren menschliche Folgen.
Da er jedoch auf dem Rechtswege
zunächst nicht zum Erfolg kam, weil seine Klage einfach verschlampt oder mit
Absicht unterdrückt wurde, griff der Held der Erzählung zum Aufstand. Mit Hilfe
seiner Knechte, Genossen unterschiedlicher Prägung und Motivation, jedenfalls
unter Ausübung gehöriger Gewalt, tappte er seinerseits in eine juristische
Falle, die des Landesfriedensbruches, ein Offizialdelikt nicht eben
unbedeutenden Ausmaßes.
Die damit immer verwickelter
werdende Geschichte resultiert unter anderem aus den Partikularinteressen der
damals involvierten Länder und deren rechtlicher Hoheit - das 16. Jahrhundert,
in dem die Geschichte sich ereignete, kannte nur deutsche Länder, kein
Deutschland - so daß besagter Held schließlich sogar Martin Luthers
Unterstützung für eine Amnestie erbat. Daß der große Martin Luther den armen
Kohlhaas an die biblische Feindesvergebung zu erinnern versuchte, aber damit
scheiterte, gibt dem rechtlichen Konflikt zusätzlich auch eine religiöse Note.
Mit dieser Amnestie, zu deren
Empfehlung sich Luther schließlich durchrang, hatte es, kaum war sie gewährt
bzw. in Aussicht gestellt, wiederum ihre eigene Rechtsbesonderheit, weil zu
klären war, ob Kohlhaasens Schuld am Landfriedensbruch zu amnestieren oder ihm
lediglich ein freies Geleit zum Gerichtsort zu gewähren sei oder beides
zugleich, sofern er mit seiner Klage obsiegen würde. Da in die Rechtsklärung
wiederum verschiedene deutsche Länder involviert waren, ließ sich voraussehen,
daß der anzuwendende Interpretationsspielraum sich auch geographisch
vergrößerte.
So
berechtigt Kohlhaas' Kampf auch sein mag – Kleist zeigt auf, dass er eindeutig
zu weit geht. Der Pferdehändler fragt nicht mehr danach, welche Mittel
angemessen sein könnten, sondern stilisiert sich in einem regelrechten
Gerechtigkeitswahn zum Helden, der gegen das Böse kämpft:
Er
nannte sich einen Statthalter Michaels, des Erzengels, der gekommen sei, an
allen, die in dieser Streitsache des Junkers Partei ergreifen würden, mit Feuer
und Schwert die Arglist, in welcher die ganze Welt versunken sei, zu bestrafen.
Dabei rief er das Volk auf, sich zur Errichtung einer besseren Ordnung der
Dinge, an ihn anzuschließen.
Samstag, 22. März 2025
Historisches Vorbild des Michael Kohlhaas
"Des Dichters Reich sey die
Welt in den Focus seiner Zeit gedrängt"
Novalis
Die Geschichte um den
rachsüchtigen Pferdehändler beruht auf einer wahren Begebenheit, die vom
Kaufmann Hans Kohlhase handelt, der nach sechsjähriger Fehde wegen
Landfriedensbruch hingerichtet wurde.
Historisches Vorbild des Michael
Kohlhaas ist die Figur des Hans Kohlhase, welcher zu Luthers Zeiten lebte. Er
lebte in der Mitte des 16. Jahrhunderts in Cölln, einer Stadt an der Spree im
Brandenburgischen und verdiente sein Geld als
Rosshändler. Am 1. Oktober 1532 machte der Kaufmann sich nichtsahnend auf den
Weg nach Leipzig zu einer Messe.
Hans Kohlhase machte sich aus dem
Brandenburgischen auf, um auf einer Messe seine Pferde zu verkaufen. Bei der
Burg des Junkers Wenzel von Tronka wurde er unter dem Vorwand aufgehalten, er
habe keinen Pass. Wohl oder übel ging er auf die Forderungen der betrunkenen
Ritter und ihres Junkers ein. Er ließ zwei Pferde als Pfand und seinen Diener
Herse zurück.
Auf dem weiteren Weg nach Leipzig
hielten ihn Männer an und es kam zu einem Zwischenfall. Der Junker von
Zaschnitz befahl seinen Leuten, Kohlhase zwei Pferde abzunehmen. Der Grund:
Kohlhase habe sie gestohlen.
Der Bürger und Kaufmann Kohlhase
stieß an die Grenzen des feudalen Rechtsstaates. Der sächsische Landvogt Hans
Metzsch und auch der Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen deckten den Adligen.
Daraufhin erklärte Kohlhase in
einem offenen Brief vom 12. März 1534 dem Land Sachsen und Günter von Zaschwitz
die Fehde, womit Brandschatzung, Raub und Entführungen angekündigt wurden.
Da Kohlhase sich gegen diese
Ungerechtigkeit auflehnte und sich wehrte, kam es zu einer Gerichtsverhandlung.
Die jedoch brachte nicht das erhoffte Urteil und keine Einigung, mit der Hans Kohlhase
zufrieden gewesen wäre.
Im Jahr 1534 beging Kohlhase Selbstjustiz, da er ja vor Gericht
nichts erreicht hatte. Er brannte in wilder Raserei viele Häuser in der Stadt Wittenberg
nieder.
Nachdem sich Kohlhase mit einem
Überfall auf einen brandenburgischen Silbertransport 1540 auch gegen den
brandenburgischen Kurfürsten Joachim II. wandte, lockte dieser ihn unter
Zusicherung freien Geleits nach Berlin und ließ den "Landfriedensbrecher"
sowie dessen Freunde Georg Nagelschmidt und Thomas Meißner am 22. März 1540 auf
dem Rabenstein, der Berliner Richtstätte vor den Toren der Stadt am heutigen
Strausberger Platz, qualvoll rädern. Mit dem Spruch Georg Nagelschmidts
"Gleiche Brüder, gleiche Kappen" lehnte Kohlhase eine
"Begnadigung" mit dem Schwert ab.
Der Kaufmann Hans Kohlhase wurde mit
seinen Gefolgsleuten nach sechsjähriger Fehde wegen Landfriedensbruch
hingerichtet.1540 erfolgte seine Hinrichtung in Berlin durch Rädern, eine der
schlimmsten Hinrichtungsmethoden überhaupt.
Abonnieren
Posts (Atom)